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Spionage hinter den feindlichen Linien war eine der gefährlichsten Aufgaben während des Zweiten Weltkriegs. 39 Agentinnen riskierten diesen Einsatz gegen Nazi-Deutschland. Treibende Kraft dieser Spezialeinheit war Vera Atkins, die einer deutsch-britischen Familie jüdischen Glaubens entstammte und in Rumänien aufwuchs. Gegen große politische Widerstände entwickelte sie ab 1940 ein Agentennetzwerk der besonderen Art. Sie bildete diese unbeugsamen Frauen aus, plante und leitete ihre Einsätze. Und sie gilt als reales Vorbild für die Figur der ›Miss Moneypenny‹. Doch die echte Agentin war weit mehr als eine Gehilfin.

Fast 70 Jahre lang war Vera Atkins’ Geheimdienstakte unter Verschluss. Nun ist sie in den National Archives in London zugänglich. Die Autoren rekonstruieren anhand dieser Dokumente die geheime Geschichte der Vera Atkins und ihrer Agentinnen, die zu vergessenen Heldinnen geworden sind.

 

 

Arne Molfenter, geboren in Leonberg, hat die deutsche Journalistenschule besucht und in München, Berlin und Mailand Politik und Wirtschaftswissenschaften studiert. Er war Redakteur, Reporter und Korrespondent, u. a. für den BBC World Service, die ARD und DIE ZEIT, und arbeitet jetzt für die Vereinten Nationen in Brüssel und Bonn. Gemeinsam mit Rüdiger Strempel veröffentlichte er 2014 die Biografie ›Über die weiße Linie‹ bei DuMont.

 

Rüdiger Strempel, geboren in Deggendorf, wuchs in fünf Städten auf vier Kontinenten auf. Er studierte Jura, Germanistik und Kunstgeschichte in Bonn und Speyer und ist seit über einem Jahrzehnt in verschiedenen Funktionen für die Vereinten Nationen tätig. Außerdem arbeitet er als freier Journalist und Übersetzer. Er leitet derzeit das Trialterale Wattenmeersekretariat in Wilhelmshaven.

Arne Molfenter
Rüdiger Strempel

DER
FINSTERNIS
ENTGEGEN

Die wahre Geschichte der Vera Atkins und ihrer wagemutigen Agentinnen

»Diese Frau wusste, dass sie mit jedem, der Hosen trug, fertigwerden würde.«

SOE-Agent George Millar über Vera Atkins

»Only the dark, dark night shows to my eyes the stars.«

Walt Whitman

Vera Atkins schlug dieses Zitat für die Gedenktafel zur Ehrung der im KZ Natzweiler ermordeten Agentinnen vor.

PROLOG

Auf diese Situation hatte sie niemand vorbereitet.

Sie konnte nichts sehen, denn man hatte ihr die Augen verbunden. Umso schärfer arbeiteten ihre anderen Sinne. Ihre Nasenflügel bebten. Wenn sie den Kopf etwas nach rechts oder links wandte, nahm sie einen Geruch von verwitterndem Holz, Teer und Rauch wahr. Nicht unangenehm, ein wenig wie alter Whisky. Unangenehm waren dagegen der Stahl des Gleises in ihrem Nacken und die Fesseln an Hand- und Fußgelenken, die sich in ihre Haut fraßen und die Durchblutung abschnitten.

»Jetzt rede schon, Mädchen!«, sagte eine Frauenstimme, fordernd und scharf. Etwas sanfter klang der Mann: »Du hast noch fünf Minuten, dann kommt der Zug. Wir binden dich los, wenn du uns sagst, was wir wissen wollen.«

Doch genau das ging nicht. Rolande wusste, dass sie unter keinen Umständen etwas preisgeben durfte. Unter keinen Umständen. Selbst dann nicht, wenn sie ihr Schweigen mit dem Leben bezahlen müsste. Sie presste die Lippen aufeinander.

Wieder schaltete sich die Frau ein: »Die Zeit läuft.«

Rolande versuchte, die aufsteigende Panik zu bezähmen. An die Kindheit erinnern, rückwärts zählen wie bei der Narkose – irgendetwas, nur nicht an das denken, was ihr bevorstand. Es gelang nicht.

»Ich glaube, ich kann den Zug hören«, sagte die Frau plötzlich. »Sergeant, legen sie die Weiche um!«

»Jawohl, Ma’am! Wenn Sie mir den Hebel reichen würden.«

»Den haben Sie!«, antwortete die Frau ungeduldig.

»Nein, Ma’am, Sie hatten ihn!«, gab der Sergeant mit gepresster Stimme zurück.

Kies knirschte. In der Ferne pfiff die Lokomotive. Nicht allzu weit in der Ferne.

»Verdammt!«, keuchte die Frau. »Wo ist das Ding hingekommen?«

Nun war auch das Stampfen der Lokomotive zu hören. Ein weiterer scharfer Pfiff, bedrohlich nahe schon. »Los, schneiden Sie die Fesseln durch!«, brüllte die Frau. Die Antwort des Sergeants ging im anschwellenden Lärm des heranrasenden Zuges fast unter. »Zu spät, Ma’am, springen Sie vom Gleis. Jetzt!«

Die nächsten Sekunden fühlten sich an wie eine Ewigkeit. Rolandes Herz raste, durch die Halsschlagadern brandete das Blut wie ein reißender Gebirgsbach. Sie fühlte sich der Ohnmacht nahe, einer ersehnten, erlösenden Bewusstlosigkeit, die aber ausblieb. Dann war nur noch Lärm. Ein alles andere auslöschender, fauchender, ratternder, kreischender, ihren Körper durchhämmernder Lärm.

War sie doch kurz besinnungslos geworden? Das Schnaufen der Lok drang bereits aus der Ferne zu ihr. Rauch biss ihr in der Nase, lag auf ihren Lippen. Sie war kraftlos, unfähig, sich zu bewegen. Doch der Zug war auf dem Nachbargleis vorbeigedonnert. Und Rolande hatte geschwiegen.

1

EINE ENGLÄNDERIN AUS MITTELEUROPA

London,
Februar 1941

Das Leben, so wie Vera Atkins es bisher geführt hatte, ging an diesem Morgen zu Ende. Da war ein kurzes Klappern im Flur, dann ein paar eilige Schritte. Vera Atkins fuhr jäh aus dem Schlaf. Jemand lief schnellen Fußes am Haus entlang, draußen miaute eine Nachbarskatze. Noch schlaftrunken stand sie auf und ging in den Flur, um nachzusehen. Sofort ärgerte sie sich über sich selbst. Erstens hatte sie viel zu lange geschlafen. Zweitens merkte sie, dass es nur der Briefträger gewesen war, der die Post in den Briefschlitz der Haustür geworfen hatte. Ihre Mutter war schon fort. Atkins war 33 Jahre alt, und noch immer lebte sie bei ihr im Londoner Stadtteil Chelsea. Sie sah auf den Boden vor der Tür, ein einzelner Brief lag auf der abgewetzten braunen Fußmatte. Der Umschlag war »klein und völlig unscheinbar«, wie sich Vera Atkins später an diesen Wintertag erinnern würde.1 Sie sah auf das Kuvert: »Inter Services Research Bureau, Baker Street 64« stand darauf. Was für ein merkwürdiger Absender, dachte sie. Irgendeine Regierungsbehörde in Whitehall. Sie war völlig ahnungslos, was das zu bedeuten hatte.

Sie ging in die Küche und zündete sich eine Zigarette der Marke »Senior Service« an, einem Laster und einer Marke, der sie bis zu ihrem Lebensende treu blieb. Dann öffnete sie den Brief. Hektisch überflog sie die ersten Zeilen. Sie war zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen worden. Merkwürdig war daran allerdings, dass sie sich bei diesem Büro nie beworben hatte. Doch ihre Neugier war geweckt, und so begann Vera Atkins’ Eintritt in die neueste und geheimste Behörde in Großbritannien, die erst wenige Monate zuvor, im Juli 1940, geschaffen worden war: Hinter dem ominösen Namen verbarg sich in Wahrheit die »Special Operations Executive«, kurz SOE. Schon bald wurde es zu ihrer Aufgabe, 400 Männer und Frauen als Agenten auszubilden, sie in den Einsatz zu schicken und nach dem Krieg das Schicksal derjenigen aufzuklären, die aus ihren Einsätzen nicht mehr zurückgekehrt waren. Um diese Rätsel zu lösen, nahm sie vieles in Kauf und wurde bei ihren Kollegen und Gegnern auch wegen ihrer erbarmungslosen Verhörmethoden berühmt.

012

Vera Atkins in der Uniform eines Squadron Officer (Majorin) der WAAF, 1946. [1]

Mitteleuropa, England, Südafrika,
1874  1918

Sie trug die grau-blaue Uniform einer britischen Luftwaffenoffizierin. Sie sprach das sorgfältig artikulierte präzise Englisch der britischen Oberschicht. Sie führte einen britisch klingenden Namen: Vera Atkins. Doch sie besaß lange keinen britischen Pass und für manche ihrer Kollegen war sie einfach die Angehörige eines Feindstaates.

Wer aber war Vera Atkins wirklich? Wofür hielt sie sich selber? Auf diese Fragen gibt es keine einfache Antwort. Die Geschichte ihrer Familie ist sinnbildhaft für diejenige Mitteleuropas im ausgehenden neunzehnten und beginnenden zwanzigsten Jahrhundert. Ein Teil der Welt, in dem Veränderung zu den Konstanten zählte und Vielfalt eine Gemeinsamkeit darstellte. In dem Volksgruppen und Religionen miteinander rangen, oft aber auch miteinander oder zumindest nebeneinander lebten und ein kosmopolitisches, mobiles und vielsprachiges Großbürgertum sich eines komfortablen Lebens zwischen Kapitalismus und Kultur erfreute.

Geboren wurde sie am 15. Juni 1908 in der Domneasca-Straße 135 im rumänischen Galaţi (deutsch: Galatz) – nicht als Vera Atkins, sondern als Vera May Rosenberg.2 Ihr Vater, Maximilian Rosenberg, genannt Max, entstammte einer gut situierten deutschen Kaufmannsfamilie. Die Mutter, Hilda, war eine in Südafrika geborene Britin, deren Familie über ein beträchtliches Vermögen verfügte. Beide Eltern waren jüdischen Glaubens.

Max Rosenberg wurde 1874 als ältestes der fünf Kinder Simeon Rosenbergs, eines wohlhabenden Kasseler Landwirts und Holzhändlers geboren. Die Familie war in Kassel alteingesessen. Die fünf Kinder, Max, seine Brüder Siegfried, Arthur und Paul sowie die Schwester Bertha, genossen eine »idyllische Kindheit« zwischen Eidechsen am familieneigenen Teich und Gänserennen an sonnigen Sonntagen.3 Während die drei jüngeren Brüder in das Import-Export-Geschäft des Vaters einstiegen, absolvierte Max ein Architekturstudium in Hamburg. Nach der Hamburger Choleraepidemie von 1892 wanderte der junge Architekt nach Kapstadt aus. Dort nahm ihn bald der wohlhabende englische Kaufmann Henry Atkins unter seine Fittiche.

Dessen Familie stammte ursprünglich aus Homel im sogenannten »Ansiedlungsrayon«, dem Gebiet im Westen des Russischen Reiches, auf das seit Ende des achtzehnten Jahrhunderts das Wohnrecht der jüdischen Bevölkerung beschränkt war. Im Gefolge zunehmender Judenpogrome Ende der 1870er-Jahre verließ die damals Etkins (vielleicht auch Etkin oder Etkind)4 genannte Familie die unweit von Tschernobyl gelegene Stadt im heutigen Weißrussland und wanderte über Odessa und London nach Kapstadt aus. Im südafrikanischen Kimberley brachte es Henry Atkins mit dem Verkauf von Grubenhölzern zu einigem Vermögen, siedelte nach einem erneuten Abstecher nach London, wo seine erste Tochter Hilda zur Welt kam, erneut nach Kapstadt um und erlebte einen steilen gesellschaftlichen Aufstieg. Der Familienname wurde in das englischer klingende Atkins geändert. Henry, inzwischen mit dem Diamantenmillionär, glühenden britischen Imperialisten und späteren Premierminister der Kapkolonie Cecil Rhodes befreundet, verwischte seine osteuropäischen Ursprünge und gab sich als echter Brite. Neben anderen Vorteilen ermöglichte ihm dies die Mitgliedschaft in der Gemeinde der vornehmen Kapstädter Garden-Synagoge, die ausschließlich Juden britischen und deutschen Ursprungs gewährt wurde.5 Unterdessen wuchs das Vermögen der Familie, erwirtschaftet unter anderem mit dem Export von Straußenfedern – einem zu jener Zeit unentbehrlichen, vielfach verwendeten Accessoire der eleganten Damenmode. Auch mit Immobilien, Diamanten sowie australischem Dosenfleisch und anderen Nahrungsmitteln für die im zweiten Burenkrieg von 1899  1902 kämpfenden britischen Truppen handelte das Unternehmen.6

Max Rosenberg wurde nicht nur zum Protegé von Henry Atkins, sondern auch dessen Schwiegersohn. 1902 heiratete er in London dessen Tochter Hilda. Der erste Sohn des jungen Paares, Ralph, wurde 1905 in Südafrika geboren. Während der Burenkrieg der Familie Atkins jedoch einen weiteren finanziellen Aufschwung beschert hatte, brachte er Max Rosenberg kein Glück. Im Gefolge des Krieges fielen die Grundstückspreise und der erfolgreiche Bau- und Immobilienunternehmer sah sein Vermögen dahinschmelzen. Die Rettung wartete in Europa. Während Max sein Glück am Kap gesucht hatte, hatten die jüngeren Rosenberg-Brüder einen florierenden Handel mit Holz aus der Bukowina und aus Rumänien aufgezogen. Die Bukowina, das Buchenland im Südosten Mitteleuropas, gehörte bis 1918 zum Habsburgerreich. Der jüngste Bruder verblieb in Kassel und führte den deutschen Zweig des Geschäftes, während Siegfried und Arthur sich vom Donaudelta aus um die Verschiffung des über die Donau herangeführten, qualitativ sehr hochwertigen Holzes nach Rotterdam kümmerten, wohin es über das Schwarze Meer und das Mittelmeer gelangte. Max stieg in dieses lukrative Geschäft ein und siedelte nach Galaţi um.

Die westmoldawische Hafenstadt am linken Ufer der unteren Donau war ein klug gewählter Standort. In seinem 1891/92 erschienenen, mehrbändigen Werk Die Seehäfen des Weltverkehrs schrieb der Österreicher Alexander Dorn: »Die vorteilhafte Lage von Galatz (…) charakterisirt die Stadt sowohl in militärischer als commercieller Hinsicht zum Schlüsselpunkt der unteren Donau.«7 Der größte Binnenhafen Rumäniens und letzte Hafen vor dem Donaudelta war dementsprechend nicht nur Marinestützpunkt, sondern auch ein geschäftiger Umschlagplatz für den Handel, vor allem mit Getreide und Holz, der nicht zuletzt über das Schwarze Meer abgewickelt wurde. Zeitweilig war Galaţi sogar Freihafen. Es gab regelmäßige Schiffsverbindungen, und die Stadt wurde bereits lange vor Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts an das Eisenbahnnetz angebunden. Zudem war die Stadt multikulturell und relativ international. In den Gassen der Stadt drängten sich Rumänen, Österreicher, Ungarn, Russen, Griechen, Armenier und Angehörige diverser anderer Nationalitäten. Und es gab eine florierende jüdische Gemeinde. Zwischen 1900 und 1912 stieg die Bevölkerung der Stadt von 62 678 auf 71 641.8 Die jüdische Gemeinde zählte um die Wende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert etwa 20 000 Seelen und unterhielt in der Stadt 18 Synagogen und eine Jeschiwa, eine höhere Talmudschule.9 Bereits zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts hatten einige ausländische Staaten hier konsularische Vertretungen eingerichtet. In Galaţi kamen 1856 die Delegationen der beteiligten Mächte zur ersten Donaukonferenz zusammen, und die Donaukommission nahm hier ihren Sitz. Das aus einer Ober- und einer Unterstadt bestehende Galaţi war zudem nicht unattraktiv: »Der äussere Anblick von der Flussseite ist recht malerisch; denn die unregelmässig zwischen grünen Gärten verteilthen, von Thürmen und Kuppeln überragten Gruppen luftig gebauter weisser Häuser, die am Ufer sich zu verdichten scheinen, geben dem Stadtbilde viel Bewegung und Reiz.«10

Die von Linden umstandene einstöckige Villa der Rosenbergs, das Geburtshaus Veras, lag abseits des Hafens und des Handelsviertels in der Strada Domneasca in der Oberstadt. Die Straße war eine elegante Einkaufsmeile, die auf Postkarten der Stadt immer wieder gerne abgebildet wurde. Hier hätte es sich also durchaus angenehm leben lassen, zumal die Familie rasch wieder zu Geld kam, gute Kontakte sowohl zur wohlhabenden Ausländergemeinde als auch zu den obersten Schichten der rumänischen Gesellschaft knüpfte und den »kolonialen Lebensstil«11 genießen konnte, den sich die reichen Ausländer im Rumänien dieser Zeit gönnten. Die jüdische Oberschicht der Region pflegte wenig Umgang mit der weniger wohlhabenden jüdischen Bevölkerung, orientierte sich dafür aber, insbesondere sofern sie deutschsprachig war, umso stärker nach Österreich. In Rumänien, so erinnerte sich eine Verwandte von Vera Atkins, »hatten wir alle große Häuser, hatten wir alle Bedienstete«.12 Für Einkäufe, Arztbesuche oder Kulturveranstaltungen fuhr man aber bevorzugt nach Wien. Doch Hilda Rosenberg war nicht deutschstämmig und wurde von Heimweh nach Südafrika und der britischen Kultur geplagt.

So wurde Vera 1908 in eine Familie mit multiplen Identitäten hineingeboren. Zumindest zwei dieser Identitäten waren der Familie im Rumänien der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg von Nutzen. Max Rosenberg empfand sich als Deutscher und »Deutscher zu sein, hieß zu jener Zeit in Rumänien, hoch respektiert zu sein«.13 Seine Frau Hilda wiederum fühlte durch und durch britisch und verkörperte damit eine Kultur, die im Rumänien des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts als überaus chic galt. Hierzu trug in beträchtlichem Maße Prinzessin Marie Alexandra Victoria von Edinburgh bei, die Anfang 1893 Prinz Ferdinand von Rumänien, den Neffen von König Carol I. heiratete. Die überaus beliebte Kronprinzessin, eine Enkelin von Königin Victoria, hatte erheblichen Einfluss auf ihren rumänischen Gatten und gab dem rumänischen Hof bereits vor der Thronbesteigung Ferdinands im Jahr 1914 ein teils recht britisches Gepräge. Auch Hilda Rosenberg versuchte, so viel wie möglich an britischen Sitten und britischer Kultur nach Moldawien zu retten. Die Kinder lernten als erste Sprache Englisch, Deutsch sprachen sie ebenfalls von klein auf. Auf das Erlernen der Sprache des Landes, in dem sie lebten, wurde offenbar weniger Wert gelegt. Bemerkenswerterweise findet sich auf dem Bewerbungsfragebogen für Vera Atkins’ spätere Stelle bei der SOE unter »Sprachkenntnisse« der Vermerk: »Deutsch, Französisch fließend. Kenntnisse des Rumänischen«.14

Welche Bedeutung das jüdische Element im Selbstverständnis der Familie hatte, ist nicht eindeutig. Der Glaube spielte aber wohl keine zentrale Rolle. Siegfried, der jüngere Bruder von Max Rosenberg, drückte es so aus: »Obwohl wir Juden waren und jüdischen Glaubens, fühlten wir deutsch.«15 Eine Einstellung, die zahllose Deutsche jüdischen Glaubens teilten, die später in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs für ein Land Leib und Leben aufs Spiel setzten, das sie bald darauf auszulöschen versuchte. Auch im Rumänien des Fin de Siècle war Antisemitismus verbreitet. Zwischen 1867 und 1914 wurden in Rumänien nicht weniger als 196 Gesetze verabschiedet, die die Rechte der jüdischen Bevölkerung beschnitten.16 Als Jude in der rumänischen Gesellschaft akzeptiert zu werden war möglich, aber nicht selbstverständlich. Es lag also nahe, diesen Teil der Identität nicht allzu sehr zu betonen. Insbesondere Hilda Rosenberg ließ im Laufe der Jahre wohl zunehmend Gras über ihre jüdischen Wurzeln wachsen. Angeblich konvertierte sie sogar zum Katholizismus, erlitt jedoch kurz darauf einen Unfall, den sie als Strafe für die Verleugnung ihres ursprünglichen Glaubens auffasste, und kehrte zum Judentum zurück.17 Auch Max Rosenberg pflegte zumindest gute Beziehungen zu nichtjüdischen Kreisen. Jahrzehnte später äußerte ein früherer Mitarbeiter der Rosenbergs auf Befragen seine Verwunderung darüber, dass sein ehemaliger Firmeninhaber Jude gewesen sein sollte. »Rosenberg? Jude? War der nicht Deutscher oder Österreicher?«18 Dennoch spielte der jüdische Glaube im Leben Rosenbergs eine Rolle. Die Familie war zwar nicht tief gläubig, aber wie die Verwandtschaft in Deutschland beachtete sie wohl den Sabbat und die jüdischen Feiertage. Max Rosenberg erzählte seinen Kindern von den Leistungen und den Leiden der Juden im Laufe der Weltgeschichte. Er beriet das rumänische Königshaus in Geldangelegenheiten, pflegte jedoch zu sagen: »Wenn ein Jude für einen König Geld verdient, ist er bei Hofe willkommen. Macht er einen Fehler, existiert er nicht mehr.«19 Die Klagelieder des Jeremias konnten ihn zu Tränen rühren.20 Auch das Judentum machte also einen Teil der Identität der Vera Atkins aus.

Hilda Rosenberg litt unter der Ferne zum britischen Empire und seinen zivilisatorischen Errungenschaften. Insgesamt aber ging es der Familie Rosenberg gut. Die Geschäfte florierten. Der deutsche Zweig des Unternehmens verlegte seinen Sitz 1910 von Kassel nach Köln. Im selben Jahr gründeten die Rosenbergs mit der im benachbarten Brăila ansässigen Familie Mendl, die zu den wohlhabendsten Familien der Region gehörte und in die Hildas jüngere Schwester May eingeheiratet hatte, eine weltweit operierende Schifffahrtsagentur unter dem Namen Dunarea. Das Unternehmen, das den rumänischen Namen der Donau führte, verfügte über eine eigene Schiffsflotte, zu der auch mehrere Schwimmbagger gehörten, von denen einer auf den Namen Vera getauft war.21

1911 wurde das dritte Kind, Wilfred, geboren. Die Rosenberg-Kinder und ihre Cousins und Cousinen aus dem nahen Brăila wuchsen »in einer exklusiven Atmosphäre [heran], schaukelten auf Veranden, begleitet vom Klirren der Teetassen aus Prozellan und wurden von Nannies mit gestärkten Schürzen am Donauufer spazierengefahren, die im Falle Veras, Wilfreds und Ralphs mit Sicherheit aus England stammten«.22

Dabei waren die Rosenbergs keine ausbeuterischen Radikalkapitalisten. Der ehemalige Arbeiter, der die Familie für deutsch oder österreichisch hielt, zeichnete noch Jahrzehnte später ein positives Bild des Unternehmers Max Rosenberg: »Er war reich – ein wichtiger Mann. Er war ein guter Arbeitgeber. Gut zu seinen Arbeitern. Das Gehalt wurde einmal monatlich ausgezahlt, aber wenn das Geld knapp wurde, konnte man einen Vorschuss bekommen.« Man war stolz, für die Rosenbergs zu arbeiten.23 Vera erinnerte sich später, dass er ihr gegenüber von der »Jesus-Strategie« gesprochen hatte: Die Anziehungskraft und die Macht des Nazareners habe darauf beruht, so Max, dass er den Armen unter uns Liebe erwiesen hatte.24

Etwas aber fehlte noch im Leben Max Rosenbergs. Er träumte davon, Land zu erwerben. Im Rumänien seiner Zeit war ihm dies als Jude nicht möglich. Anders war es im Habsburgerreich. Rosenberg erwarb daher ein ausgedehntes Landgut in Crasna in der nördlichen Bukowina. Der ursprünglich zum Fürstentum Moldau gehörende Ort fiel 1774 an Österreich und war ab 1849 Teil des Herzogtums Bukowina. 1918 kam Crasna zu Rumänien, wurde 1940 nach der Annexion der Nordbukowina durch Stalin Teil der Sowjetunion, 1941 bis 1944 wieder Teil Rumäniens, dann wieder sowjetisch. Seit der Auflösung der Sowjetunion 1991 weht die ukrainische Flagge über dem abgelegenen und heute wenig reizvollen Örtchen mit dem ukrainischen Namen Krasnojilsk. Das ehemalige Landhaus der Rosenbergs hat alle diese Wechselfälle der Geschichte überstanden und diente zuletzt – heruntergewirtschaftet, verfallen und nur noch ein Schatten seiner selbst – als Sanatorium.25

Zu Zeiten der Rosenbergs aber war Crasna ein ländliches Paradies. Fotos aus den zwanziger Jahren zeigen ein großzügig angelegtes Landhaus mit Veranda und viersäuligem Portikus. Es gab einen weitläufigen Park mit Teich und Tennisplatz; es gab Hunde, Pferde und andere Tiere. Max Rosenberg wollte hier seinen Kindern das glückliche Landleben seiner eigenen Kindheit ermöglichen.26 Als Gutsverwalter beschäftigte Rosenberg nach 1918 den aus der Sowjetunion geflohenen weißrussischen Prinzen Peter zu Sayn-Wittgenstein, an den Vera noch im Alter liebevolle Erinnerungen hegte.27

Das Landleben in der Bukowina war durchaus angenehm. »Im Sommer wurde man zu Besuchen in prachtvollen Gutshäusern eingeladen. Man spielte Bridge und Tennis und unternahm Ausflüge. Es gab eine große Zahl an Bediensteten und bei den Partys spielte man Musik und tanzte. Wir hatten ein Grammophon und tanzten Foxtrott und Charleston und dann kam der südamerikanische Cha-cha-cha auf«, erinnerte sich die Tochter einer bukowinischen Landbesitzerfamilie in einem Interview mit der Vera-Atkins-Biografin Sarah Helm an die Bukowina der zwanziger Jahre. Und: »Tschernowitz war eine sehr elegante Stadt. Es gab ein Nationaltheater und Musik aus Bukarest. Mit dem Zug war man schnell in München. Man nahm die Bahn bis zur polnischen Grenze und dann weiter nach Breslau.« Auch an das Landgut der Rosenbergs erinnerte sich die alte Dame von zahlreichen Einladungen: »Das Haus war sehr alt, aus dem siebzehnten Jahrhundert. Die Eingangshalle war dunkel und hatte eine Gewölbedecke und eine große steinerne Treppe hinauf in die erste Etage. An den Wänden gab es kunstvolle Wandmalereien und schöne Gemälde.«28

Doch das wunderbare Landleben in Crasna endete abrupt, kaum dass es begonnen hatte. Im Sommer 1914 wurden die Rosenbergs in den Strudel der politischen Ereignisse hineingerissen, der die Familie für viele Jahre auseinandertrieb. Trotz der sich nach dem Mord am österreich-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und seiner Gemahlin am 28. Juni 1914 in Sarajewo rasch verdüsternden politischen Großwetterlage in Europa hatten die Rosenbergs – wie viele andere auch – offenbar nicht an einen Kriegsausbruch geglaubt. Für den August hatte man eine Familienfeier in den Niederlanden geplant. Während Max zunächst in Rumänien verblieb, bestiegen Hilda, Vera und Wilfred den Orientexpress und machten sich auf den Weg nach Berlin, wo sie sich mit Ralph treffen wollten, der von seiner Privatschule in England angereist war und mit Mutter und Geschwistern nach Holland weiterreisen sollte. Als die Familie am 1. August 1914 am Berliner Ostbahnhof aus dem Waggon stieg, befanden sich die europäischen Mächte bereits in der Mobilmachung. Eine Weiterreise in die Niederlande kam ebenso wenig in Frage wie eine Rückkehr nach Rumänien. Hilda Rosenberg und ihre drei Kinder saßen in der Falle.

Damit begann für die Familie eine vierjährige Leidenszeit. Während Max Rosenberg vom deutschen Heer eingezogen wurde und an der Ostfront diente, blieb seine Frau mit den Kindern in Deutschland zurück – als Britin, die sich Großbritannien durch und durch verbunden fühlte. Für sie war Deutschland Feindesland. Wohl oder übel mussten Hilda und die drei Kinder zur deutschen Familie von Max Rosenberg nach Köln ziehen. Eine ungemütliche Situation, denn das Hurra der deutschen Großeltern galt den deutschen Truppen, in deren Reihen die Rosenberg-Brüder kämpften, wofür sie mit zwei Eisernen Kreuzen dekoriert wurden.29 Hilda hingegen hoffte auf einen Sieg der Entente-Mächte. Um bei den Kindern keinen Zweifel aufkommen zu lassen, welcher Seite sie sich zugehörig fühlen sollten, schmückte sie Ralphs Zimmer mit einem Union Jack. Im Haus herrschte, wie Vera Atkins später schilderte, eine »unglückliche und gespannte Atmosphäre«.30 Schließlich suchten sich Hilda und die Kinder ein anderes Domizil in Köln und die Kinder erhielten eine belgische Gouvernante, die aus ihrem kriegsgeprüften Heimatland geflohen war.

Welchen Eindruck dieser Spagat auf die Kinder hinterließ, lässt sich nicht ohne weiteres sagen. Vermutlich aber gewann Veras britische Identität in dieser Zeit an Gewicht. Noch 1944, bei einem ihrer Gespräche mit den britischen Einbürgerungsbehörden, gab Vera Atkins zu Protokoll, ihr Vater sei »bedauerlicherweise davon überzeugt worden, ins Holzgeschäft der Familie in Rumänien einzusteigen« und ihre Mutter habe sich dort nicht gut zurechtgefunden.31 Wie ihre Biografin Helm anmerkt, musste Atkins um die Anerkennung als Engländerin kämpfen, obwohl sie nichts mehr wünschte, als Engländerin zu sein. Stattdessen habe weder sie noch irgendjemand anders jemals gewusst, wo genau sie hingehörte.32

Erst 1918, nach Ende des Ersten Weltkriegs, konnten Hilda und die Kinder Deutschland verlassen. Doch nach England ging die Reise noch lange nicht.

2

SCHATTEN DER ZUKUNFT

Rumänien,
1918  1937

Der Erste Weltkrieg war vorbei. Das Habsburgerreich war untergegangen und die Werften und das Sägewerk, die sich Max Rosenberg und seine Brüder aufgebaut hatten, waren zerstört. Doch die Familie Rosenberg hatte überlebt und auch Crasna gab es noch. Es gehörte jetzt zu Rumänien. Hierhin kehrte Max Rosenberg mit seiner Familie zurück, um noch einmal ganz von vorne zu beginnen.1

Zwar wohnte Vera den Winter über mit ihrer Mutter – die nach dem Krieg zunächst für einige Zeit bei ihren Eltern in England gelebt hatte2 – in Bukarest, doch besuchte sie ihren Vater, wann immer sie konnte, auf dem Landsitz. Sie und ihre Brüder verbrachten auch die Sommer dort, genossen den Park, die Pferde und Spaziergänge mit den geliebten Schnauzern.3 Es ging der Familie wieder gut. Eine stattliche Limousine parkte vor der Tür, Vera, ihre Brüder und ihre Onkel machten Exkursionen im Einspänner oder im Pferdeschlitten.

Auch die Schulbildung, die Vera erhielt, entsprach gänzlich dem Standard für höhere Töchter. Sowohl sie als auch ihre Brüder erhielten Unterricht von einem englischen Hauslehrer.4 Zwar spottete sie später, sie habe keine echte Ausbildung erworben, denn »das war vor langer Zeit, als viele Eltern – darunter auch meine – der Ansicht waren, dass die Ausbildung eines Mädchens nicht von besonderem Interesse oder besonderem Wert sei«.5 Doch die Eltern sparten nicht an den Schulen ihrer einzigen Tochter. Mit 15 wurde Vera auf das Elite-Mädchenpensionat Le Manoir in Lausanne geschickt, anschließend auf das nicht minder exklusive Internat Montmorency in Paris. Auf diesen Instituten wurde sie jedoch eher auf die Rolle der tadellosen Gesellschaftsgattin vorbereitet als auf ihre spätere Arbeit als Führungsoffizierin von Geheimagenten. Dennoch erwarb sie auch auf den Internaten Kenntnisse, die ihr später zugutegekommen sein dürften. Hierzu zählten ihr makelloses, einwandfrei artikuliertes Englisch ebenso wie die Kenntnisse der französischen Kultur, die Montmorency immerhin im Zusammenwirken mit der Pariser Universität Sorbonne vermittelte.6

Mit 16 schloss sie die Schule ab und war nun bereit, in die Gesellschaft eingeführt zu werden. Zuvor hatte sie allerdings ihren Vater überredet, sich die Zöpfe abschneiden zu dürfen, und trug nun – man schrieb das Jahr 1924 – einen modischen, kurzen Bob. Die bukowinische Gesellschaft, in der sie debütieren sollte, bestand aus einem ethnischen Gemisch aus Ukrainern, Rumänen, Russen, Österreichern, Deutschen und Juden unterschiedlicher Nationalitäten, in der »die Tochter eines deutsch-jüdischen Bojaren in manchen, wenn auch nicht allen Kreisen, durchaus akzeptiert werden konnte«.7 Zudem war die Familie wohl auch in nichtjüdischen Zirkeln angesehen. 8 Ob allerdings eine Verbindung mit einem Mann wie dem Gutsverwalter ihres Vaters, Prinz Peter zu Sayn-Wittgenstein, von dem Vera Atkins später behauptete, er habe sich in sie verliebt, möglich gewesen wäre, ist zumindest fraglich, wie eine Zeitzeugin unterstreicht. »Er hatte ein Wappen. Ich glaube nicht, dass er es in Betracht gezogen hätte, eine Jüdin zu heiraten.«9

Doch Vera war vielleicht auch noch gar nicht auf eine Ehe aus. Sie genoss das Leben, das das Vermögen der Familie ihr ermöglichte und zu dem neben den Annehmlichkeiten Crasnas etwa auch eine Luxus-Schiffsreise nach Alexandria gehörte, die ihr Vater ihr zum 21. Geburtstag spendierte.10 Dies machte sie jedoch nicht zum lebensunfähigen »Society Girl«. 1931 hatte sie am renommierten Triangle Secretarial College in London eine Ausbildung absolviert, wobei sie unter anderem auch deutsche und französische Stenografie lernte.11 Und als sich das Schicksal erneut gegen Max Rosenberg wandte, als ihn die auch Rumänien erfassende Wirtschaftskrise in den Konkurs und zum Verkauf des Landguts in Crasna zwang, war Vera Rosenberg bereit, sich der neuen Realität zu stellen. Sie nahm 1932 in Bukarest eine Tätigkeit als Sekretärin beim amerikanischen Unternehmen Vacuum Oil an und zog mit ihrer Mutter in eine Stadtwohnung.12 Max Rosenberg starb im Oktober 1932 in einem Wiener Sanatorium.13 Die beginnende Erholung der rumänischen Wirtschaft erlebte er nicht mehr mit.

Auf das Landleben musste Vera Rosenberg jedoch auch weiterhin nicht gänzlich verzichten, denn ihre beiden Onkel, Arthur und Siegfried Rosenberg, betrieben im Uz-Tal ein gut gehendes Sägewerk. Hier, in der Nähe der Stadt Bacău in Westmoldawien, hatten sie sich gemeinsam auf einem Landsitz niedergelassen, der zwar kleiner war als Crasna, auf dem es sich aber dennoch gut leben ließ und auf dem Vera ein gern gesehener Gast war. Zu den Annehmlichkeiten des weitläufigen Chalets gehörten zahlreiche Gästezimmer, feine Antwerpener Tischwäsche, eine gut sortierte Bibliothek und ein nicht minder gut bestückter Weinkeller. Neben den »bösen Brüdern«, wie Arthur und Siegfried in der Familie wegen ihrer sexuellen Ausschweifungen genannt wurden, lebten hier die inzwischen schwer erkrankte Frau Arthurs, die drei Söhne, eine aus einem vornehmen deutschen Haushalt stammende Haushälterin sowie zahlreiche junge weibliche Bedienstete aus der Gegend, die zu einer Vielzahl unterschiedlicher Dienstleistungen herangezogen wurden. Die Gästezimmer blieben selten leer und wer die Rosenberg-Brüder besuchte, wurde stets gut unterhalten. Zu den jährlichen Festivitäten in Uz-Tal gehörte auch ein Frühlingsfest, das stets zu Pfingsten stattfand, mit einem extravaganten Picknick einherging und zu dem sich Personen von Rang einfanden, zu denen die Rosenbergs aus geschäftlichen oder sonstigen Gründen Kontakte pflegten.14

Hauptsächlich aber lebte Vera nun in Bukarest.15 Und das Bukarest der dreißiger Jahre war kein verschlafenes Provinznest. Die Stadt war ein kulturelles, wirtschaftliches und politisches Zentrum. Wie anderswo in Europa kam es auch in der rumänischen Hauptstadt zu erbitterten und teils blutig ausgetragenen politischen Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Kräften. Die faschistische Legion des Erzengels Michael und ihr paramilitärischer Arm, die Schwarze Garde, versuchten, die politische Lage durch Terrorakte zu destabilisieren, schreckten auch vor politischen Morden nicht zurück und stellten Mitte der dreißiger Jahre sogar Todesschwadronen auf. Doch auch das kulturelle Leben war intensiv. Die rumänische Avantgarde der zwanziger Jahre hatte zwar an Kraft verloren, war aber noch nicht tot, der Surrealismus hielt Einzug.16 Eine rege Bautätigkeit nach Pariser und Brüsseler Vorbild festigte den Ruf der Stadt als »Micul Paris« (Klein-Paris) oder »Paris des Ostens«. Junge Schriftsteller wie Constantin Noica, Mircea Eliade, Eugen Ionescu oder Mihail Sebastian prägten das literarische Leben und verkörperten zugleich die politische Zerrissenheit des Landes. Während Eliade zu einem strammen Unterstützer der Schwarzen Garde wurde, entschloss sich der eher links orientierte Ionescu unter dem wachsenden faschistischen Druck 1938 zur Auswanderung nach Frankreich. Mihail Sebastian wiederum fand sich als Jude auch unter den Literaten seines Bekanntenkreises zunehmend als Außenseiter wieder. In seinem in Bukarest spielenden Roman Der Unfall finden sich einerseits Skizzen des Lebens in einer lebendigen, kosmopolitischen europäischen Großstadt. Andererseits zeichnet Sebastian in seinen Tagebüchern ein bedrückendes Bild einer immer faschistischer werdenden rumänischen Gesellschaft. Bereits in seinem 1934 erschienenen Roman Seit zweitausend Jahren hatte Sebastian den Hauptprotagonisten, einen jüdischen Studenten, äußern lassen: »Ich werde nie aufhören, Jude zu sein, es ist keine Funktion, die man einfach aufgeben könnte. (…) Es ist eine Tatsache. (…) Aber ich werde auch nie aufhören, ein Mensch der Donau zu sein. Auch das ist eine Tatsache. Wenn mir dies jemand zubilligt oder abspricht, ist das seine Sache, nur seine. (…) Ich weiß, was ich bin, es ist nicht das, was in den Registern des Staates eingetragen ist. Mag der Staat sich für kompetent halten, mich zu einem Schiff, zu einem Eisbären oder einem Photoapparat zu erklären, so werde ich doch nichts anderes sein als Jude, Rumäne, Mensch der Donau. ›Zu viel auf einmal‹, flüstert die antisemitische Stimme in mir, denn es gibt auch in mir eine solche, mit der ich mich so manche Stunde in Gedanken unterhalte. Freilich, es ist zuviel. Aber alle drei sind wahr.«17

In dieser Stadt zwischen Aufbruch und Reaktion genoss die junge Vera, ihrer jüdischen Herkunft zum Trotz, die Freiheiten und die Selbständigkeit, die mit einem eigenen Einkommen einhergingen. Sie ging viel aus, häufig unternahm sie auch etwas mit ihrer Mutter.18 Zu ihrem Zeitvertreib las sie außerdem gerne Spionageromane.19 Und bereits jetzt begannen sich in dieser Hinsicht Fiktion und Realität im Leben der Vera Rosenberg teilweise zu überschneiden.

Es gibt Hinweise darauf, dass schon Veras Großeltern in Südafrika den britischen Geheimdiensten Informationen geliefert hatten und dass auch ihre Eltern – zumal Max Rosenberg mit seinem ausgedehnten Netzwerk an hochrangigen Kontakten in Rumänien, Deutschland und Österreich – und andere Verwandte diese »Familientradition« fortgesetzt hatten. Auch die junge Vera unterhielt Kontakte zu Mitarbeitern der britischen Geheimdienste in Bukarest.20

Die Dienste der europäischen Mächte waren in Bukarest durchaus aktiv. Denn die Stadt an der Dâmboviţa war nicht nur Hauptstadt und damit auch Sitz eines diplomatischen Korps, sondern sie war zudem das politische und wirtschaftliche Zentrum eines Staates mit erheblichen Erdölvorkommen. Und dieses Öl konnte im Falle eines erneuten Krieges in Europa gerade für das rohstoffarme Deutschland von entscheidender Bedeutung sein. Die Ölfelder und Raffinerien von Ploieşti lagen weniger als 100 Kilometer von Bukarest entfernt. Die Stadt war daher eine Drehscheibe der internationalen Spionage. Der britische Agent und spätere James-Bond-Autor Ian Fleming beschrieb die Situation wie folgt: »Sex war in Bukarest noch immer die Hauptbeschäftigung. Sexuelle Intrige war Teil der Umtriebe. Sex ging einher mit Verrat, Verstrickung in der Verstrickung, Agent und Doppelagent, Gold und Stahl, Bombe, Dolch und Exekutionskommando.«21

Zu denen, die sich in dieser Schattenwelt bewegten, gehörte auch der kanadische Geschäftsmann William Stephenson. Er äußerte wiederholt, dass Vera Atkins das wichtigste Vorbild für die Rolle der Miss Moneypenny in den James-Bond-Romanen von Ian Fleming wurde. Er fügte aber auch hinzu: »In der echten Welt der Spione war Vera der Boss.«22 Wie Atkins selber und andere Personen aus ihrem Umfeld wird auch Stephenson mit den James-Bond-Geschichten Ian Flemings in Verbindung gebracht. Während diese Verbindung jedoch in manchen anderen Fällen zumindest schwer nachweisbar ist, schrieb Fleming selber über Stephenson: »James Bond ist (…) eine stark verklärte Version des echten Spions. Der echte Spion (…) ist etwas ganz anderes. So jemand ist (…) Sir William Stephenson.«23

Stephenson wurde 1897 in Winnipeg als Sohn einer isländischen Mutter und eines von den Orkney-Inseln stammenden Vaters geboren. Im Ersten Weltkrieg hatte er sich als Flieger ausgezeichnet. Nach dem Krieg war er als Geschäftsmann und Erfinder zu Wohlstand gelangt und hatte sein Vermögen noch durch die Heirat mit der Erbin eines amerikanischen Tabakexporteurs ausgebaut. 1940 sollte Stephenson von Premierminister Winston Churchill damit beauftragt werden, in den USA die British Security Coordination (BSC) mit Sitz in New York aufzubauen, unter deren Schirm die britischen Geheimdienste in der westlichen Hemisphäre zusammengefasst wurden. Er wurde ferner der persönliche Verbindungsmann Churchills zu Präsident Roosevelt. Bereits in den dreißiger Jahren aber lieferte er den Briten kriegsrelevante Informationen. Auf den Dienstreisen, die er für die Pressed Steel Company unter anderem nach Deutschland unternahm, bemerkte er rasch, dass die deutsche Schwerindustrie sich zunehmend – und entgegen den Bestimmungen des Versailler Vertrags – auf die Produktion von Waffen und Munition verlegte. Während die britische Regierung für diese Entwicklung wenig Interesse zeigte, erkannte Winston Churchill deren Relevanz. Churchill, der zu dieser Zeit politisch kaltgestellt war, hatte zwar keinen Zugang zu regierungsamtlichen Daten, sammelte aber auf inoffiziellen Wegen Informationen. Zu denen, die ihm derartige Fakten lieferten, gehörte auch Stephenson. Bis zum Wiedereintritt Churchills ins Kabinett zu Beginn des Zweiten Weltkriegs versorgte Stephenson ihn weiter mit Informationen über die deutsche Wiederbewaffnung, wozu er später anmerkte: »Das war meine einzige Ausbildung in Spionage.«24

Tatsächlich wurde der Kanadier aber bereits vor Kriegsbeginn auch von den offiziellen britischen Diensten eingesetzt und berichtete an das Industrial Intelligence Centre (I. I. C.), das für das Committee of Imperial Defence militärbezogene Industriespionage betrieb. Auch in Bukarest, das er häufig besuchte, war er für das I. I. C. tätig. Er erkannte die strategische Bedeutung der rumänischen Ölvorkommen, von denen er sogar meinte, dass sie einen neuen Weltkrieg auslösen könnten.25 Nachdem er Vera Rosenberg kennengelernt hatte, beschloss er, sie für seine Zwecke einzusetzen. Hierzu stellte er unter anderem den Kontakt zwischen ihr und dem deutschen Botschafter, Werner Graf von der Schulenburg her, den er als einen vielversprechenden potenziellen Informanten einstufte.26

Von der Schulenburg war ein 1875 geborener Karrierediplomat, der seine Laufbahn im konsularischen Dienst des Auswärtigen Amtes 1901 begonnen und vor dem Ersten Weltkrieg auf verschiedenen Auslandsposten, insbesondere in Mittel- und Osteuropa gedient hatte. Nach einem Intermezzo als Offizier an der Westfront von 1914 bis 1915 kehrte er Mitte 1915 in den diplomatischen Dienst zurück und trat den Posten als deutscher Konsul im türkischen Erzurum an. Von hier aus übte er »eine halb diplomatische, halb militärische Tätigkeit« aus, die unter anderem auch die Aufstellung eines georgischen Nationalkomitees und einer »Georgischen Legion« umfasste, die seinem Kommando unterstellt wurde und mit der Osmanischen Armee gegen die Russen vorrücken sollte. Während der junge Diplomat den Georgiern offensichtlich sehr positiv gegenüberstand, ist seine Haltung zum türkischen Massaker an der armenischen Bevölkerung in jüngster Zeit kritisch beleuchtet worden. Er nahm eine »ausgesprochen negative, ja rassistische Haltung den Armeniern gegenüber« ein und »erfüllte seinen Auftrag als hartherziger Vertreter deutscher Interessen«.27

Als die militärische Option durch die Niederlage der Türken scheiterte, wurde von Deutschland im Gefolge des Friedens von Brest-Litowsk versucht, die Etablierung eines unabhängigen Georgiens zu unterstützen. Von der Schulenburg übernahm die Rolle des deutschen diplomatischen Vertreters in Tiflis.28 Nach der Oktoberrevolution wurde er mit seinen deutschen Kollegen über Konstantinopel nach Deutschland abgeschoben.

In der Weimarer Republik setzte von der Schulenburg seine diplomatische Karriere fort. 1931 wechselte er als Botschafter nach Bukarest.29 Sein letzter Auslandsposten wurde 1934 die Botschaft in Moskau. Der Posten war für ihn insofern wie maßgeschneidert, als der Bismarck-Anhänger und Realpolitiker der festen Überzeugung war, dass ein bewaffneter Konflikt zwischen Deutschland und der Sowjetunion unter allen Umständen vermieden werden musste. Als Architekt des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes von 1939 lieferte er ein diplomatisches Meisterstück ab. Doch dieser sogenannte Hitler-Stalin-Pakt war für von der Schulenburg, wie es der ehemalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher formulierte, »äußerlich die Erfüllung seiner beruflichen Wünsche (…) und im Kern und in der Auswirkung deren Verkehrung in das Gegenteil. Schulenburg wollte das Verhältnis zur Sowjetunion entkrampfen, um damit Europa ein Stück friedenssichernder Stabilität zu verschaffen. Hitler sah aber den Pakt als einen Baustein seiner Kriegsvorbereitungen.«30

Ab 1943 näherte sich Graf von der Schulenburg den deutschen Widerstandskreisen an, die ihn zeitweilig als künftigen deutschen Außenminister nach einem gelungenen Umsturz sahen. Im Gefolge des Attentats vom 20. Juli 1944 wurde auch von der Schulenburg verhaftet und am 10. November 1944 in Berlin-Plötzensee von den Nationalsozialisten ermordet.

Nach Bukarest aber wurde der Graf noch vor der Machtergreifung Hitlers versetzt. Hier wurde dem Mittfünfziger mit dem kritischen Blick und dem preußisch exakt getrimmten Schnurrbärtchen auf einem Botschaftsempfang die 33 Jahre jüngere Vera Rosenberg vorgestellt. Denn William Stephenson, der die beiden miteinander bekannt machte, war klar, dass der Kontakt zum deutschen Botschafter Vera Atkins nicht nur Zugang zu relevantem Wissen über den Stand der Dinge in Berlin, sondern auch den Zugang zu weiteren diplomatischen Kreisen erleichtern konnte.

Und Stephenson hatte die Lage richtig eingeschätzt. Der seit langen Jahren geschiedene »Grandseigneur und Patriot«31 und die junge Schreibkraft aus gutem Hause verstanden sich rasch. Der Botschafter hatte ein Faible für jüngere Frauen.32 Und Vera brachte das mit, was ihn anzog: Sie war nicht nur jung und attraktiv, sie hatte auch Geist und Witz. Zudem hegte Graf Schulenburg, wie der pazifistische deutsche Schriftsteller Armin T. Wegner, der während der Botschafterzeit des Grafen in Teheran wiederholt die dortige deutsche Botschafterresidenz besuchte, vermerkte, eine »hohe Bewunderung für englische Erziehung«.33 Auch damit konnte Vera Rosenberg aufwarten. Und Zitate von Zeitgenossen lassen erkennen, warum auch die junge Frau von dem Botschafter, der leicht ihr Vater hätte sein können, fasziniert war. So meinte einer seiner Mitarbeiter später: »Er besaß einen ganz außergewöhnlichen Charme, mit dem er das Vertrauen und die Zuneigung jedes Menschen gewann, der mit ihm in Berührung kam. Dabei verfügte er neben seinen reichen Berufserfahrungen über ein enormes Wissen und ein erstaunliches Gedächtnis. Das machte den persönlichen Umgang mit ihm überaus reizvoll.«34 Auch Armin T. Wegner skizzierte von der Schulenburg sehr lobend: »Vornehm und liebenswürdig (…). Er gehörte zu jenen Menschen, deren Gesellschaft mich bei aller Entfernung der Weltanschauung mit familiären angenehmen Empfindungen erfüllt.«35 Und sogar eine Jugendfreundin von Vera Atkins erinnerte sich: »Er war ein charmanter Mann. Nicht herablassend. Er hörte zu und war hochintelligent. Er respektierte Vera und umgekehrt. Ich denke, sie fühlten sich zueinander hingezogen.«36

Bei einem Winterball im Schloss Peleş, einer Art rumänischem Neuschwanstein, das König Carol I. im neunzehnten Jahrhundert hatte erbauen lassen, kamen sich die beiden näher. In Abwesenheit seiner russischen Geliebten – sie »hütete sein pied à terre in Berlin«37 – bat der geschiedene von der Schulenburg seine junge Begleiterin wiederholt, bei Botschaftsveranstaltungen an seiner Seite als Gastgeberin zu fungieren.38 Das gemeinsam verbrachte Frühlingsfest auf dem Rosenberg’schen Landsitz im Uz-Tal tat ein Weiteres. Vera und von der Schulenburg standen sich zunehmend nahe.

Wie viele enge Beziehungen, war auch das Verhältnis zwischen Vera Rosenberg und dem Grafen nicht konfliktfrei. Sie nahm Anstoß an der glühenden Bismarck-Verehrung des Botschafters, der sich noch immer der Tradition des zweiten Deutschen Kaiserreichs verbunden fühlte, wie auch der Schriftsteller Wegner bereits nach seinem Besuch der deutschen Botschafterresidenz in Teheran leicht spöttisch vermerkt hatte: »In einem Nebensalon sah ich ein übergroßes Bild Wilhelms II. in weißem Hermelin, das eine ganze Wand bedeckte; es hing dort strahlend und abscheulich (…) im zehnten Jahre der deutschen Republik.«39 Auf die Frage, was die von Bismarck oktroyierte Ordnung von derjenigen unterschied, die Stalin der Welt überzustülpen gedachte, antwortete der Botschafter: »Bismarck trachtete danach, die minderen Rassen Europas einer wohlwollenden pan-germanischen Ordnung zu unterwerfen.«40 Für Vera Rosenberg zweifellos ganz und gar die falsche Antwort. Es gab Momente des Misstrauens. Gelegentlich fragte sie sich, ob der Botschafter sie dazu gebrauchte, Informationen, vielleicht auch Desinformation an die britischen Dienste weiterzuleiten, zu denen sie, wie er wohl wusste, Kontakt hatte.41 Tatsächlich berichtete sie Stephenson weiterhin von ihren Gesprächen mit dem Botschafter, den der Kanadier nach wie vor als eine außergewöhnliche Informationsquelle einstufte.42

Das ungleiche Paar setzte seine Beziehung jedoch gelegentlichen Unstimmigkeiten zum Trotz fort. Von der Schulenburg nahm sich Zeit für Vera, wie es wohl seinem Naturell entsprach. Einer seiner Mitarbeiter an der Moskauer Botschaft vermerkte später: »Schulenburgs Lebensweise war ein Ausdruck seiner Geisteshaltung. Er stand früh auf, aber erschien nie vor elf Uhr in der Botschaft. Wenn er dann kam, war er in schrecklicher Eile, und wir fragten uns immer, was in aller Welt er gemacht hatte, um so gehetzt zu sein. Mit der Zeit entdeckten wir das Geheimnis: Er verbrachte viel Zeit mit der morgendlichen Toilette, frühstückte in aller Gemütsruhe, las die Zeitung und spielte mit seinen Hunden. Dann setzte er sich in einen Lehnstuhl, um, wie er mir erklärte, über die Probleme der Welt nachzudenken …«43

Diskretion war für das Verhältnis zwischen von der Schulenburg und Vera Rosenberg jedoch unerlässlich. In einer Gesellschaft, in der »schwangere Kurtisanen noch ›Ehrenmorden‹ zum Opfer fielen, damit der Ruf ihrer reichen Liebhaber unangetastet blieb«, hätte eine offen zur Schau getragene Liebschaft Vera Rosenberg rasch zur »Hure« gestempelt.44 Verabredungen wurden daher mittels codierter Nachrichten auf Zettelchen getroffen, die im Bukarester Jockey-Club hinterlegt wurden, dem sie beide angehörten. Sie trafen sich in diskreten Bukarester Restaurants und unternahmen im Dienstwagen des Grafen lange Ausflüge aufs Land – wobei von der Schulenburg auf den nach der Machtergreifung Hitlers obligatorischen Hakenkreuzwimpel am Wagen verzichtete. Der »im Grunde seines Wesens durchaus auch romantisch veranlagte Graf«45 soll dies mit den Worten kommentiert haben: »Wenn du mitfährst, gibt es kein Hakenkreuz am Wagen.«46

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